Der Wohnungsbau stellte in den Nachkriegsjahren eine der drängendsten Aufgaben im Altkreis Böblingen und Landkreis Leonberg dar.1 Nicht nur wegen Kriegszerstörungen in der Kreisstadt Böblingen, in Sindelfingen und mehreren Ortschaften wurde Wohnraum dringend gebraucht, sondern auch wegen Flucht und Vertreibung: Bis 1950 nahm der Landkreis Böblingen in seiner heutigen Form 23 020 Flüchtlinge und Vertriebene auf, bei der letzten Fortschreibung (bis 1958) belief sich ihre Zahl auf 34 671. Dies entsprach 1950 24,4 bzw. 1958 28,1 Prozent der Gesamtbevölkerung.2
Der Neubau von Wohnungen begann in größerem Stil erst nach der Währungsreform 19483 und zog sich bis weit in die 1960er Jahre hinein. Vielerorts wurde Bauland ausgewiesen und entstanden neue Siedlungen,4 die bis heute das Ortsbild prägen; hierbei organisierten sich die Bauherren zum Zwecke der Selbsthilfe häufig genossenschaftlich und führten Arbeiten in Eigenleistung selbst aus.5 Mancherorts konnten die Massenquartiere erst in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre aufgehoben werden.6 Parallel dazu folgte der Ausbau von Straßen, der Kanalisation und der weiteren Infrastruktur. Auch die Schulgebäude mussten teilweise vergrößert oder neu errichtet werden.7
1 Buck, Reinhold, Wiederaufbau und Entwicklung der Gemeinde (1945 – 1978), in: Steinenbronn. Vergangenheit und Gegenwart einer Schönbuchgemeinde, bearbeitet von Friedrich Kühbauch und herausgegeben von der Gemeinde Steinenbronn, Steinenbronn 1979, S. 335 – 367, S. 336; Kubin, Benno, Die Bemühungen des Kreisverbandes zur Linderung der Wohnungsnot der Heimatvertriebenen im Kreis Böblingen, in: Die Vertriebenen im Kreis Böblingen, herausgegeben vom Bund der Vertriebenen (BDV), bearbeitet von Benno Kubin, Sindelfingen 1992, S. 142 – 147, S. 142.
2 Kubin, Benno, Die Zahl und die Herkunft der Vertriebenen im Kreis Böblingen, in: Die Vertriebenen im Kreis Böblingen, herausgegeben vom Bund der Vertriebenen (BDV), bearbeitet von Benno Kubin, Sindelfingen 1992, S. 38 – 39, S. 38.
3 Schulz, Günther, Wiederaufbau in Deutschland. Die Wohnungsbaupolitik in den Westzonen und der Bundesrepublik von 1945 – 1957, Düsseldorf 1994, S. 99; Die Fünfziger Jahre im Kreis Böblingen. Sehnsucht nach einem besseren Leben, redaktionell bearbeitet von Peter Bausch, Sindelfingen 1996, S. 7; siehe dazu auch: Aufbruch 1949, mit Beiträgen von Günter Scholz, herausgegeben von der Stadt Böblingen, Böblingen 1999, S. 22.; Heimberger, Fritz, Gärtringen. Geschichte einer Gemeinde, herausgegeben von der Gemeinde Gärtringen, Langenau – Ulm 1982, S. 338.
4 Behrens, Alexander, Auf dem Weg zum politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum: Böblingen seit 1945, in: Böblingen. Vom Mammutzahn zum Mikrochip, im Auftrag der Stadt Böblingen herausgegeben von Sönke Lorenz und Günter Scholz, Böblingen 2003, S. 389 – 433, S. 396; Stöckle, Thomas, Die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts, in: Janssen, Roman (Hg.), Nufringen. Eine Gäugemeinde im Wandel der Zeit, Stuttgart 1998, S. 337 – 368, S. 353.
5 Benz, Alfred, Ehningen. Mein Heimatdorf, Ehningen 2008, S. 154.
6 Heimberger, Fritz, Gärtringen, S. 338.
7 Tippelt, Christina, Eine Gemeinde zwischen Kriegsgeschehen, Wiederaufbau und Zukunftsplanung, in: Altdorf im Schönbuch – Von der Klosterherrschaft zur Bürgergemeinde, herausgegeben von Sönke Lorenz im Auftrag der Gemeinde Altdorf, Filderstadt 2004, S. 134 – 185, S. 163; Heimberger, Fritz, Gärtringen, S. 338.