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Leben im Krieg – Einführung

© Landesmedienzentrum Baden-Württemberg, Foto: Robert Bothner
© Landesmedienzentrum Baden-Württemberg, Foto: Robert Bothner
Foto: Albert Walter

Unsere Zeitzeugen waren zur Zeit des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) jung, meist noch Kinder. Ihnen wurde vor allem im Nachhinein bewusst, dass schon sein Beginn einen tiefen Einschnitt für ihr Leben bedeutete. Eine Reflektion der politischen Verhältnisse, die zu dem Krieg führten, konnten sie aufgrund ihres Alters nicht vornehmen.

Sie wuchsen mit dem Krieg auf, Zerstörungen und Leid waren für viele Teil des Lebens. Was diese Erfahrungen in den Kindern auslöste, trat manchmal erst Jahrzehnte später zutage. Familien bangten um Väter und Söhne, die in den Kriegseinsatz eingezogen worden waren. Frauen übernahmen die Arbeiten von Männern und Kinder trugen schon früh Verantwortung. Vielfach wurden Jugendliche als Erntehelfer, zum Arbeitseinsatz und zu Schanzarbeiten am Westwall herangezogen.1 Jugendliche halfen bei der Heuernte mit, sammelten Kartoffelkäfer ein und suchten Heilkräuter zur Teegewinnung für die Frontsoldaten. Auch das Sammeln von Altmaterial als Rohstoffquelle gehörte zum Alltag.2 Diese Hilfsleistungen waren eingegliedert in das Programm des Schulunterrichts, der HJ und des BDM. Ab 1943 wurden die Jugendlichen mit 16 Jahren, ab 1944 mit 15 Jahren „klassenweise als Flakhelfer eingezogen“3 und übernahmen damit militärische Aufgaben in ihrer Heimat. Auch das Alter, mit dem man zum Reichsarbeitsdienst (RAD) oder zur Wehrmacht einberufen wurde, sank: 1944 lag es bei 17 Jahren, 1945 wurden für den Volkssturm 15-Jährige rekrutiert.4

Gegen Ende des Krieges wurden die Luftangriffe immer zahlreicher. Diese zielten zwar auf die kriegswichtigen Betriebe und die Infrastruktur, doch forderten sie gleichwohl viele zivile Opfer. Die schweren Bombenangriffe der Jahre 1943 und 1944 im Landkreis Böblingen hinterließen tiefe Spuren in der Erinnerung: Böblingen wurde „fast zur Hälfte zerstört“5, Sindelfingen, Holzgerlingen, Altdorf, Hildrizhausen, Nufringen und Magstadt waren ebenfalls schwer getroffen. Deckenpfronn – damals zum Landkreis Calw gehörig – wurde im April 1945 zerstört.6 Für viele Kinder und Jugendliche waren die Nächte in den Bunkern erfüllt von Ängsten.

1Vgl. Funk, Erwin, Böblingen im Dritten Reich und in der Besatzungszeit, Band 2, Böblingen 1987, S. 175. Schörken, Jörg, Jugend, in: Benz, Wolfgang / Graml, Hermann / Weiß, Hermann (Hrsg.), Enzyklopädie des Nationalsozialismus, Stuttgart 1997, S. 203 – 219, S. 208.

2 Vgl. Vom Lehn, Marcel, Herrenberg im Nationalsozialismus. Stadt und Gesellschaft (1933-1945), Herrenberger historische Schriften, Band 11, Ubstadt-Weiher 2017, S. 214.

3 Vgl. Schörken, Jörg, Jugend, S. 208.

4 Ebd., S. 208f.

5 Vgl. Kläger, Erich, Böblingen – Eine Reise durch die Zeit, Böblingen 1979, S. 175; Siehe dazu auch: Behrens, Alexander, Auf dem Weg zum politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum Böblingen seit 1945, in: Lorenz, Sönke / Günter Scholz (Hrsg.), Böblingen – Vom Mammutzahn zum Mikrochip, Filderstadt 2003, S. 389 – 433, S. 391.

6 Vgl. Heimberger, Fritz, Die Geschichte des Kreises, in: Heeb, Reiner (Hrsg.), Der Kreis Böblingen, Stuttgart 1983, S. 72 – 103, S. 103.